vonDresdennachIstanbul
3390 km
 
   

Der Reisebericht aus dem ersten Abschnitt in Ungarn:
Von Rajka bis Komárom

# 9

Samstag, 23.08.2008

Wien – Hainburg - Bratislava (SK) - Rajka (HUN)

81,5 km

3:30 h

av. V = 23,2 km/h

↗ 72 hm

↘130 hm

av. P = 80 W

19°C - 29°C, Rückenwind! heiter bis Regen

16,21 € und 1700 HUF






Die Grenzregion war ein trostloser Fleck. Die Grenzanlage wurde seit Jahren nicht mehr genutzt, weil man irgendwo eine andere gebaut hatte und so verfiel alles. Die großen Fenster der Zollanlage waren eingeschlagen. Schranken und Verkehrszeichen rosteten vor sich hin und so langsam erobert sich die Natur bzw. das Unkraut die Anlage zurück, die aber eben für Radfahrer noch offen war. Zwei Autos mit Vogtländer Kennzeichen müssen aus Ungarn kommend umkehren: Für Autos gibt’s hier kein durchkommen mehr. Der Fahrer ruft dem anderen Auto diese Feststellung in perfektem sächsisch zu. Wenn die wüssten…

Jetzt waren wir schon in Ungarn und mussten noch immer keinen Ausweis oder gar den Reisepass vorzeigen, ja noch nicht mal einen Grenzbeamten haben wir irgendwo gesehen. Die EU und das Schengen-Abkommen machen Europa grenzenlos, im wahrsten Sinne des Wortes.

Für mich begann nun ein Abschnitt in Europa den ich noch nie zuvor gesehen oder besucht hatte, Konrad erging es genauso. Umso gespannter waren wir. Doch Ungarn zeigte sich in den Grenzgebieten von seiner trostlosesten Seite. Als hätte man die Region vergessen, als seien die Bewohner ausgestorben oder über die Grenze mit ihren Fahrrädern davongefahren. Breite Straßen aber keine Autos, verfallene Bahnhofsanlagen, leere Häuser am Straßenrand. Im ersten Ort hinter der Grenze, wo wir ja unser Lager aufschlagen wollten, war es nicht anders. Keine Menschenseele konnte man finden. Vor einer Kneipe saß dann endlich ein menschliches Wesen, was uns beobachtete. Wir hatten ein echt mulmiges Gefühl. Doch der Mann war sehr freundlich und er versuchte sogar ein paar Worte in Deutsch zusagen, nachdem wir ihn nach dem Weg zum Zeltplatz fragten. Der Zeltplatz war ein Stück außerhalb: inmitten der Natur, zwischen Nebenflüssen der Donau und Kanälen, Wäldchen und Wiesen war ein Haus an dem „Camping“ stand. Aber wir konnten keine Zelte entdecken. Außer uns war erstmal niemand da, nur ein junges Mädchen, was hier scheinbar die Geschäfte leitet.

Da erst Mittag war bauten wir das Zelt nicht auf, sondern setzten und unter eine Art riesigen Pavillon und machten erstmal nichts. Der Himmel hatte sich zugezogen und es fing leicht an zu regnen. Den ganzen Nachmittag und bis zum Abend nutzen wir zur Regeneration. Wir lasen, wir aßen Kekse, wir wuschen Sachen und versuchten sie wieder zu trocknen, was aber wegen des leichten Regens nicht funktionieren konnte, ich spazierte ein wenig durch ein Birkenwäldchen. Zum Glück hatte der Zeltplatz diese große überdachte Dachterrasse, wo es trocken war. Später kamen ein paar Kids von irgendwoher an und spielten am Kicker.  Den ganzen Tag dudelte aus den Lautsprechern ein und dasselbe Alphaville-Album leise vor sich hin. Uns gefiel es.

Gegen Abend wurde es unter dem Dach langsam voller. Anscheinend war das hier so eine Art Dorfdisko, wir verzogen uns in die hinterste Ecke des Zeltplatzes, nutzten die Regenpause, bauten unser Zelt auf und kochten Abendbrot. Wie IMMER: Nudeln.

Am Ende des Tages, ist wie am Morgen auch, eine klare Routine zu erkennen: der Schlafsack, der Kopfkissen-Pullover und Wertsachen kommen ins Zelt; Kochzeug,  Lebensmittel und alles was Gerüche entwickeln könnte (Schuhe) liegen unterm kleinem Vorzelt, den Rest zurück in die Gepäckträgertaschen, welche wir wieder ans Fahrrad klicken und dann kommt zum Abschluss eine Fahrradplane als Regenschutz drüber. Es gibt einem doch ein gutes Gefühl, wenn es regnet und man weiß, dass es seinem Fahrrad gut geht und heute Nacht nicht rosten kann.

Zeitig gehen wir dann irgendwann vor lauter Langerweile schlafen, es wird ja aber auch Ende August schon schnell dunkel. Ein paar Meter weiter haben slowakische Kanuten ihr Lager aufgeschlagen und machen ein Feuer, welche einen schönes, leichtes Flimmern auf die Zeltwand wirft.  Tatsächlich fing es wieder leicht an zu regnen. Wir bemerkten ein kleines Leck im Zelt und so tropfte ein wenig Wasser herein. Das störte aber echt nicht weiter, zumal: Es sollte nie wieder auf uns regnen bis zum Ziel!

Eine kurze und leichte Etappe war das heute. Die Landschaft wird immer flacher. Der Rückenwind half uns heute kräftig mit und verschaffte uns eine recht hohe Durchschnittsgeschwindigkeit für Radreiseverhältnisse. Aber das zählte alles nichts: Wichtig war, dass wir uns wieder vertragen und verziehen hatten und gemeinsam und glücklich weiterfuhren.

 

# 10

Sonntag, 24.08.2008

Rajka - Györ - Komárom

102,0 km

4:36 h

av. V = 22,1 km/h

↗ 81 hm

↘121 hm

av. P = 60 W

18°C - 31°C, Rückenwind! bedeckt bis sonnig

10164 HUF

Heute überlasse ich wieder Konrads Tagebuch das Wort oder besser die Schrift:

RaikaKomárom     24. August 2008    10.Tag

Es ist relativ trocken im Zelt, sehr viel trockner als vor 3 Jahren an regenfreien Tagen. Zwar sind viele unserer Klamotten nass bis feucht, doch mit: „Dein Körper ist eine 37° heiße Heizung, da trocknet das schnell.“ Überzeugt mich Stefan die Sachen trotzdem anzuziehen. Tatsächlich sind sie dann schnell trocken, auch weil kaum eine Wolke am Himmel steht.

Vorbei an urigen ungarischen Dörfern, mit halbverfallenen Häusern, aber auch edlen Villen aller Baustile, fahren wir zurück auf die Route der Radkarte. Es ist Sonntag und wirklich voll ist der Backpacker auch nicht mehr. (eine weitere Wortneuschöpfung: Backpacker ist die Gepäckträgertasche die oben auf den seitlichen Taschen aufliegt und so leicht zu öffnen ist. Da ist unser Essen drin. Ein „nicht wirklich voller“ Backpacker ist ein Vorzeichen für einen Nahungsmittelengpass). Erste Pflicht ist es daher Nahrung zu finden. Nach rund 15 km (ich habe mittlerweile mehrere Energieriegel gefrühstückt) halten wir an einer Art Bäcker. Mm kein Bäcker, eher eine verrauchte Eckkneipe, wo auch Törtchen und Kuchen verkauft werden. Ein kleiner Fernseher läuft und zeigt etwas Olympisches. Achja Olympia. Ungarn hat im Wasserball gewonnen. Gold? Bronze? Irgendwas? Quasi zum ersten Mal stört mich der mangelnde Zufluss an Informationen. Zwei kleine Tortenstücke werden bestellt, aufgrund des unerträglichen Zigarettenrauchs setzen wir uns draußen hin. Also mir schmeckt die Torte, wieviele Kalorien sie wohl hatte? Viel = Gut.

In Györ, unserer ersten ungarischen Großstadt, heben wir Geld ab. Also eigentlich macht das Stefan, ich halte draußen die Fahrräder. Prompt werde ich angebettelt. Verdammt wie hartnäckig direkt vor einer Bank. Erstens habe ich nix, zweitens gebe ich nix und drittens verstehe ich nix. Endlich kommt Stefan wieder und wird ebenfalls angebettelt. Hoffentlich werden wir nicht gerade beklaut, ich bin besonders aufmerksam. Auch Stefan wimmelt den Bettler ab und wir radeln weiter. Nach einem Kreisverkehr, wo wir leicht die Orientierung verlieren, finden wir ein Einkaufszentrum. Und welch Glück? Es hat zum Sonntage geöffnet. TESCO! Ein kleiner Drogeriemarkt darin liefert uns neues Autan und eine Nagelschere. Wie auf der letzten Tour hatten wir die vergessen. Der Tesco liefert lecker Essen… also Nudeln und Cola.

Wie bereits erwähnt, wir wussten nicht mehr, wo es weiterging. Ein zweiter Kreisverkehr folgt ungenügend ausgeschildert. Stefan fragt in einer Tankstelle, ja, die Richtung stimme. Nur endet die Straße an einer für Radfahrer verbotenen Brücke. Ratlos stehen wir davor und wuchten die Fahrräder gerade auf den 20 cm höheren Gehweg um so die Brücke zu überqueren, da kommt ein kleiner Ungar auf einem Motorroller und fragt, in leicht brüchigem deutsch, wo wir den hin wollen. Ach, diese freundlichen Menschen, man trifft sie überall, ohne ihre Hilfe wäre so ein Tour sehr viel schwerer. Wir zeigen ihm die Karte, er überlegt kurz, sucht nach Worten und gibt dann auf. „Hinterher fahren!“ Hinterher fahren? Das kommt mir bekannt vor, mussten wir doch vor 3 Jahren in Holland hinter einem motorisierten Mädel herrasen. Doch der Ungar fährt nicht 40km/h, er fährt nur 30km/h. Keuschen müssen wir trotzdem. Rund 1-2 km geht die wilde Fahrt. Oder auch mehr, wir waren ja flott unterwegs. Schnell noch wird uns eine bessere Route, als die des bikeline-Reiseführers, erklärt und wir bedanken uns.

Dreißig Minuten später gibt es Mittag essen. Brot mit Marmelade oder halt Käse. Es kommt zu keinem Zwischenfall. Eine Anspielung an gestern Morgen: Als ich Brot mit Marmelade und Konrad Brot mit Käse aß, eskalierte unser Streit… und Konrad hatte mein Brot in seinem Gesicht. Es tut mir noch heute Leid.

Dafür kommt leichter Wind auf. Stefan geht wieder vor in den Wind. Schon nach kurzer Zeit verlassen wir die Route des bikeline-Reiseführers, die Straße wird leerer aber auch schlechter. Leichten Anstiegen, folgen leichte Abfahrten. Nach einer Autobahnüberquerung übernehme ich die Führung an mich und vorbei an einer großen Gänse/Puten/Truthahn-Zuchtanlage geht’s nach Komárom. Die Anlage war kilometerlang und stank. Das ortsansässige Thermalbad ist gut ausgeschildert, ohne gegräpel* wird es gefunden. Am ersten „Zeltplatz“ weißt man uns ab, Zelte seien unerwünscht. Am nächsten Zeltplatz nimmt man uns für den fürstlichen Preis von 5700 Forint (25 €) auf. Inbegriffen ist jedoch der Eintritt ins Thermalbad. Gut, da wollten wir sowieso hin. In der äußersten Ecke des Zeltplatzes bauen wir das Zelt auf. Nachdem wir unsere Sache aufgeräumt haben, gehen wir ins Thermalbad.

Mit roten Armbändern, mit integrierten Chips öffnen sich uns die meisten Tore. Das erste jedoch hat einen Magnetstreifenkartenkontrollkasten und ein Schild weißt an: „Tor immer schließen!“ Die Tür bekommen wir wohl nicht auf. Eine Magnetkarte fehlt uns. Da Stefan sich vor der dominanten, blonden Rezeptionsdame leicht fürchtet, begleite ich ihn. Siehe da, man braucht gar keine Magnetkarte, das Tor ist immer offen!!! Die Schilder und die Anlage sind nur Attrappe, Show. Aber uns hat sie ja auch abgehalten, also scheint es zu funktionieren.

Im Bad wird jeder unserer Schritte durch die Armbandchips verfolgt. Stolz präsentieren wir unsere Radfahrerbräune und die kantigen Waden. Lustig hingegen machen wir uns über solariumsgebräunte Schönlinge.

Das Bad ist recht schön. Warmes, stark ionisiertes Wasser umspült uns. Es hat einen so starken Auftrieb, dass ich mich schon leicht anstrengen muss, um die Füße unter Wasser zuhalten. Auch mein Sonnenbrand schmerzt im salzigen Wasser, doch das warme Wasser tut ansonsten sehr gut. Nach einer Stunde Entspannen im Wasser legen wir uns an die frische Luft in futuristisch anmutendem Hängematten und lesen unsere Bücher. 

Als es dann kühler wir und die Sonne kurz vor dem Untergehen ist, koche ich Essen und Stefan macht sich nochmal auf den Weg, auf der Suche nach Gas. Er bleibt lange genug weg, dass ich mir Sorgen mache. Mit Leckereien, aber ohne eine Gaskartusche, kommt er nach einer dreiviertel Stunde wieder. Der Grund für sein langes fernbleiben, lässt sich wohl am besten mit „I hoabb niggs“ beschreiben: Dies waren nämlich die Worte eines Deutschen, der beim Verlassen des örtlichen Tesco-Supermarktes die Diebstahl-Alarmanlage auslöste. Die Security habe sofort reagiert, berichtete Stefan, und habe den dicken Mann festgehalten. Woraufhin dieser ungehalten wurde und immer wieder „I HOABB NIGGS!“ schmetterte. Ende offen.

Campinggas ist in Ungarn offenbar unbekannt. Stefan wird zu Tankstellen und Supermärkten geschickt, doch Brennstoff bekommt er nirgends.

Am Abend gedenken wir des 1. Mm (=Megameter = 1.000.000 Meter = 1.000 Kilometer) unserer Tour. Schnell noch weiße Schokolade gefuttert, dann wird geschlafen.“

*das Wort sollte man inzwischen kennen.

 

weiter ging's in der Slowakei (2.Abschnitt)

Der Reisebericht aus dem zweiten Abschnitt in Ungarn:
Von Esztergom bis Mohács

# 11

Montag, 25.08.2008

KomáromKomarno (SK) – Esztergom (HUN) - Budapest

128,6 km

6:25 h

av. V = 20,0 km/h

↗ 116 hm

↘138 hm

av. P = 60 W

17°C - 30°C, sonnig

10583 HUF

Vorher genießen wir aber erst einmal den tollen Blick über die Donau auf Esztergom, welches eine der ältesten Städte Ungarns ist und sogar mal Hauptstadt des Magyarenreichs war. Im Fokus steht dabei die imposante und weithin sichtbare Basilika mit ihren markanten türkisenen Kuppeln. Es ist die größte Kirche Ungarns. Ihr zu Ehren wurde die Graner Messe von Franz Liszt komponiert, Gran ist der deutsche Name von Esztergom. In der Basilika hat seit 1000 Jahren der Erzbischof von Esztergom, der Primas der ungarischen Kirche, seinen Sitz. Beim Erinnerungsfoto fällt Konrad die DigiCam runter. Im ersten Augenblick stellt sie sich Tod, aber dann tut sie wieder ihren Dienst. Vorerst…

Esztergom lassen wir schnell hinter uns und fahren an Weinbergen aus der Stadt hinaus. Nach einem kurzen Pseudo-Radweg am Rande des Flusses, müssen wir wieder auf eine große Straße. Die Donau fließt hier nicht mehr so breit dahin, sondern wird von Bergen in ein Tal gezwängt. Auf der anderen Seite, die inzwischen nicht mehr slowakisch ist, entdecken wir bei einer kleinen Pause ganz ohne Reiseführer einige Höhlen in den Felswänden. Die Pause war nötig da ein Knie von mir plötzlich und ohne ersichtlichen Grund schmerzt. Ich habe keine Ahnung was das soll, aber ich kann kaum noch treten. Ich beiße die Zähne zusammen und hoffe einfach, dass es wieder aufhört, will aber die Tagesetappe so schnell wie möglich hinter mich bringen.

Eine Flussbiegung weiter gibt es wieder etwas zusehen: Visegrad. Der Name klingt eher nach einem russischen Industriestandort, aber dahinter verbürgt sich wieder eine Stadt römischen Ursprungs. Hoch oben auf einem steilen Berg steht eine alte Burg. Erst dachten wir unsere Augen trügen uns, doch tatsächlich hat man ihre verfallenen Mauern einfach mit Beton aufgefüllt. Wie kann man nur ein solches Kulturgut (hier lagerte zum Schutze, Jahrhunderte lang, die ungarische Krone) so verstümmeln?

Hinter Visegrad macht die Donau einen mächtigen Bogen in den Süden: Das sogenannte Donauknie erwartet uns. Seit Linz waren wir der Donau immer in Richtung Osten gefolgt, nun geht es direkt in den Süden.  Schon seit Urzeiten hat sich der Flusslauf hier diese Schlucht durch ein Gebirge gegraben. Die dunklen, dicht bewaldeten Berghänge und seltsam geformten Kalksteinfelsen bieten ein romantisches Bild. Davor hat sich die Donau in zwei Arme aufgeteilt, die zum Felsen kontrastreich, eine ganz flache Insel bilden, welche den unaussprechlichen Namen Szentendrei Sziget trägt.

Auf die Insel bringt uns eine kleine Fähre. Der Fährmann steht seinen freundlichen Landsleuten in nichts nach und besteht darauf die schwer beladenen Fahrräder aufs Boot zu schleppen. Außer ein paar kleinen Dörfern hat die flache Insel nur Felder. Die höchste Erhebung sind die goldgelben, aufgetürmten Strohhaufen. Autos gibt es fast keine und so fahren wir ungestört die 20-Kilometerlange Insel ab. Wir genießen noch einmal die Ruhe und die weite Landschaft, denn kurz vor uns liegt Budapest. Großstädte sind immer eine starke Belastung für uns. Zu Hektisch. Zu stressig. Zu schmutzig. Zu voll und zu laut. Also noch einmal die Kräfte bei einem Eis sammeln.

Wieder bringt uns eine Fähre aufs Festland zurück. Und sofort beginnen die Ausläufer der Großstadt uns zu erschlagen. Wie folgen immer dem Radwegsymbol des „Euro 6“. Diesem schenken wir unser gesamtes Vertrauen auf den Weg in die Stadt (und hoffentlich wiederheraus, aber erst Morgen). Stur folgen wir der Beschilderung, nichts in Frage stellend, auch nicht als der Weg nur noch ein Trampelpfad ist der durchs Unkraut führt. Dann wieder plötzlich durch eine Siedlung oder unter einer Autobahnbrücke hindurch. Im Gegensatz zu Wien haben wir heute aber ein Ziel, auf der Karte ist nicht weit vom Flussufer entfernt ein Campingplatz eingezeichnet.

Als der Radweg ein Schotterweg wird, fordert mich ein Drei-Käse-Hoch zum Sprintduell heraus. Zwar habe ich so meine Mühe, die Tourenrad-Masse und meinen Körper zu beschleunigen, aber als ich meine Renngeschwindigkeit dann endlich erreicht hatte, musste er sich geschlagen geben. Yes! Einen Zehnjährigen besiegt!

Ein Kanal gibt uns das Zeichen: Hier muss der Zeltplatz irgendwo sein. Komischer Weise sehen wir aber außer einer Plattensiedlung und einer 6-spurigen Straße nichts. Hier soll ein Zeltplatz sein? Aber nach einigem hin und herfahren und dank der netten Ungarn finden wir den Platz schließlich. Direkt an der lauten Straße. Schwer eingezäunt und bewacht. Der Zeltplatz kostet wieder soviel wie letzte Nacht (umgerechnet 25 €), nur das es dieses Mal kein Thermalbad zum Entspannen gibt. Aus Sicherheitsgründen bekommt man eine Karte. Nur mit der darf man den Platz betreten. Den Zaun krönt Stacheldraht. Wo sind wir hier?

Wir bauen unser Zelt auf. Direkt neben uns hat sich eine Horde amerikanischer Teenager aus einem Reisebus niedergelassen. Sie fahren über den gesamten Kontinent, von Metropole zu Metropole. Lernt man so Europa kennen? Zumindest kann man es nachher behaupten. Aber ganz cool stöckeln die Mädels mit ihren Absatzschuhen über die Wiese. Auch die Jungs stehen in ihnen in Punkto Eitelkeit in nichts nach. Die Boxershorts werden nur einmal getragen und dann in den Duschen zurück gelassen. Überhaupt verwüsten sie die Sanitäranlagen tüchtig. Als sie dann das Nachtleben von Budapest unsicher machen – auch da bringt der Bus sie hin – wird es ruhig und wie kochen unser Abendbrot. Also wie immer Nudeln. Den Kohlenhydratspeicher auffüllen. Doch heute werden die Ravioli nur lauwarm, denn dann ist unser Gas endgültig alle.

Ich mache mich nochmal auf den Weg und suche die Supermärkte und Tankstellen der Umgebung nach Gaskartuschen ab. Obwohl wir flexibel sind, was die Gaskartuschensysteme (Steck- und Schraubverschluss) angeht, ist nichts zu finden. Ach warum gibt’s denn hier nirgends einen Globetrotter? Dort würde man alles finden. Das nächste Mal kaufen wir vor so einer Tour einen Benzinkocher, aber dann gibt es vielleicht nur noch Wasserstoff, Autogas oder Strom an den Tankstellen.

Um den Frust Einhalt zugebieten kaufe ich Gummibärchen und leckere weiße Schokolade.

weiter ging's in Kroatien




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