Wenn die Spannungen auch nur die eine Stunde oder so
anhielten, war es doch bitter ernst: So
einen Streit hatten wir in über 10 Jahren treuer Freundschaft noch nie erlebt.
In Bratislava trennten wir dann unsere Güter, da sich unsere Wege trennen
sollten. Konrad hatte schon die schnellste Exit-Strategie über den Bahnhof von
Bratislava geplant. Ich wäre wohl erst mal alleine weitergefahren. In dem Augenblick,
wo unser beider Traum, mit dem Fahrrad Istanbul zu erreichen, platzen sollte
und dass nicht wegen Krankheit oder Fahrradschäden, sondern weil ich meinen
Stolz nicht überwinden konnte, kehrte die Besinnung zurück. Unter der Brücke
beendeten wir den Streit, so schnell wie
er begann, wieder. Wir dachten beide
noch eine Weile über das eben passierte nach und dann fuhren wir weiter. Bratislava und die ganze Slowakei interessierte uns nach
diesem Vorfall kein bisschen. Wir düsten einen weiteren Damm, auf einer Insel zwischen der
Donau und der Kleinen Donau, entlang.
Immer noch mit dem Wind im Rücken. Die Donau wurde links von uns immer breiter
bis es mehrere Kilometer bis zum anderen Ufer waren. Eine Strömung konnte man
nicht mehr ausmachen, denn viel Treibholz schien bewegungslos auf dem Wasser zu
stehen. Es sah aus wie eine Überflutung, aber es war keine, sondern eine
künstliche Aufstauung. Unser Aufenthalt in der Slowakei dauerte nicht lang: 20
Kilometer hinter Bratislava fuhren wir schon nach Ungarn ein. Der Reisebericht aus dem zweiten Abschnitt in der Slowakei:
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Montag, 25.08.2008 |
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Komárom – Komarno (SK) – Esztergom (HUN) - Budapest |
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128,6 km |
6:25 h |
av.
V = 20,0 km/h |
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↗ 116 hm |
↘138 hm |
av. P = 60 W |
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17°C - 30°C, sonnig |
10583 HUF (Forint) |
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Nach wenigen Metern verlassen wir heute nochmal kurz
Ungarn, als wir die Donau über die „Brücke der Freundschaft“ queren und nochmal
in die Slowakei einfahren. Auf der anderen Flussseite wartet Komarno. Dass die
beiden Städte so ähnlich klingen kommt nicht von ungefähr: Bis zum Ende des
ersten Weltkrieges war das eine Stadt, doch dann wurden die Grenzen neu gezogen
und die Stadt geteilt. Da wir Komarno nur an der Donau und am Hafen
kennenlernen, sehen wir außer vergammelten Industrieanlagen nicht viel. Wir verlassen
die Stadt über eine Buckelpiste und kommen wieder auf einen Deich heraus,
welcher allerdings nicht wie im Teil hinter Bratislava asphaltiert ist.
Auf dem Deich vor uns laufen einige Störche umher, sie
halten vermutlich Ausschau nach frischen Fröschen. Wir fragen uns warum sie
hier und nicht im ruhigen Ungarn auf der anderen Seite der Donau ihr Glück
versuchen. Als wir näher kommen fliegen sie davon. Uns hat es hierher
verschlagen, weil in Ungarn einige Berge auf uns gewartet hätten, die wir so gekonnt
und ohne einen nennenswerten Umweg umfahren. Die slowakische Seite ist platt
wie eine Flunder.
Unser Frühstück hatten wir noch vor der Grenze in dem
Tesco-Supermarkt gekauft, wo gestern der Bayer beim Klauen erwischt worden war.
Doch uns verschlägt es aus anderen Gründen dahin. Erstens lag es auf dem Weg
zur Brücke, zweitens ist das Angebot hier schier unersättlich, wir überlegen so
zum Beispiel , ob wir uns weiche Isomatten kaufen, weil es hin und wieder „ohne“
ziemlich hart und kalt auf dem Boden ist, aber wir richtigen Männer verwerfen
diesen Gedanken schnell wieder. Gaskartuschen finden wir keine, auch wenn es
hier sogar die passenden Kocher und sogar Lampen dafür gäbe. Drittens wollen
wir hier Lebensmittel kaufen um sie nicht in der Slowakei kaufen zu müssen, wo
wir extra slowakisches Geld abheben müssten.
Die Frühstückspause nahmen wir dann in den Überresten des
römischen Militärlagers Kelemantia ein. Viele Schilder erklären uns, wie sich hier das Leben vom 2. bis zum 4.
Jahrhundert nach Christi abgespielt haben soll. Immerhin war es gefährlich auf
dieser Seite der Donau, da man ja quasi im Feindesland war. Aber genau das war
gewollt, denn auch für die Römer war eine Überquerung der Donau schwierig und
es dauerte sicherlich lange, ein ganzes Heer hinüberzuführen. So hatte man dann
alle Mann gleich beisammen und konnte jederzeit aufbrechen und Germanen
aufschrecken.
Kurz hinter der archäologischen Fundstätte endet unser
Deich und wir müssen auf einer Landstraße weiterfahren. Viel Verkehr war zwar nicht, dafür fuhren die Wenigen
recht rücksichtslos und dicht an uns vorbei. An der Mentalität des Autofahrens kann man
deutlich die unterschiedlichen Nationalitäten der Fahrer erkennen: In Ungarn
fährt man sehr friedfertig, hingegen in Tschechien und der Slowakei viel
aggressiver. In den folgenden Staaten festigt sich diese Theorie weiter. Ich werde
sicher später noch darauf zurückkommen. Autofahrer stellen die größte Gefahr
für uns dar – vermutlich ohne dass sie es merken oder uns absichtlich plagen
- und sind von Zeit zu Zeit ein
Ärgernis, was einen das Blut kochen lässt.
So fahren wir von Dorf zu Dorf recht langweilig dahin. In
Tankstellen versuchen wir nochmal Gaskartuschen zu finden. Doch auch in der
Slowakei finden wir keine. Auf der anderen Donauseite, die wir immer im Auge
behalten, sehen wir nun ein paar Hügel mit saftigen Anstiegen. Wir müssen dafür
immer mehr Autos hinnehmen. Kurz vor Štúrovo wird aus der Landstraße eine Art
Bundesstraße mit viel Verkehr. In Štúrovo sind wir schon fast wieder in Ungarn,
die Mehrheit der Bevölkerung ist hier schon ungarisch. Aber die Stadt verdankt ihren Namen einem
Slowaken, welcher zu seinen Lebzeiten die slowakische Schriftsprache
begründete.
Endgültig verlassen wir die Slowakei wieder gen Ungarn auf
einer Brücke, die erst seit wenigen Jahren wieder steht. Davor war sie seit der
Sprengung, durch die auf dem Rückzug
befindliche Wehrmacht, nicht mehr
vorhanden. Die schlechten ungarisch-tschechoslowakischen Beziehungen
verhinderten lange Zeit den Wiederaufbau. Seit 2001 steht sie nun aber wieder
und so kommen wir problemlos zurück nach Ungarn.
Vorher genießen wir aber erst einmal den tollen Blick über
die Donau auf Esztergom, welches eine der ältesten Städte Ungarns ist und sogar
mal Hauptstadt des Magyarenreichs war. Im Fokus steht dabei die eindrucksvolle
und weithin sichtbare Basilika mit ihren markanten türkisenen Kuppeln. Es ist
die größte Kirche Ungarns. Ihr zu Ehren wurde die Graner Messe von Franz Liszt
komponiert, Gran ist der deutsche Name von Esztergom. In der Basilika hat seit
1000 Jahren der Erzbischof von Esztergom, der Primas der ungarischen Kirche,
seinen Sitz. Beim Erinnerungsfoto fällt Konrad die DigiCam runter. Im ersten
Augenblick stellt sie sich Tod, aber dann tut sie wieder ihren Dienst. Vorerst…